„(...) wir brauchen die Historie, aber wir brauchen sie anders, als sie der verwöhnte Müßiggänger im Garten des Wissens braucht (…) wir brauchen sie zum Leben und zur Tat, nicht zur bequemen Abkehr vom Leben und von der Tat oder gar zur Beschönigung des selbstsüchtigen Lebens und der feigen und schlechten Tat.“ (Friedrich Nietzsche, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben. Vorwort, 1874)
Daten, Namen, Kriege pauken – das ist bisweilen noch immer das klischeehaft verzerrte Bild vom Unterrichtsfach Geschichte. Freilich ist dieser Art der Umgang mit unserer Vergangenheit (Nietzsche würde sie „antiquarische Historie“ nennen.) an den meisten Schulen längst passé. Moderner Geschichtsunterricht ist geprägt vom Erwerb bestimmter Kompetenzen und Erlernen von Inhalten, die einerseits eine solide und belastbare fachliche Bildung, andererseits aber allgemeine Charakterschulung und Lebenstauglichkeit zum Ziel haben. Aufgrund der deutschen Vergangenheit erzieht bayerischer bzw. deutscher Geschichtsunterricht anders als in den meisten Ländern der Erde nicht zur (weitgehend) unhinterfragten Identifikation mit der eigenen Geschichte und Nation, sondern soll den Schülerinnen und Schülern die Entwicklung kritischen Denkvermögens und politischer Haltung sowie der Bereitschaft zu gesellschaftlichem Engagement und Übernahme von Verantwortung ermöglichen – Fähigkeiten, deren Beherrschung angesichts der globalen Herausforderungen wichtiger denn je ist.
Dr. Christian Schwab
